Bundeskanzleramt in Berlin
Foto von LoboStudio Hamburg auf Unsplash
  • Beitrags-Kategorie:Bundestagswahl
  • Lesedauer:5 min Lesezeit

In der deutschen Politik gab es immer wieder spannende Wendepunkte, die die Richtung der Regierung und die Stabilität des politischen Systems beeinflussen. Ein solcher Wendepunkt ist auch das Zerbrechen der sogenannten Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im Bundestag. Nach der Entlassung des Finanzministers Christian Lindner (FDP) durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gilt die Regierungskoalition als gescheitert. Inzwischen sind alle FPD-Minister entlassen und ersetzt worden.

Wie geht es nach dem Ampel-Aus weiter?

Olaf Scholz hat angekündigt, im Bundestag die sogenannte Vertrauensfrage stellen zu wollen. Das bedeutet, dass der Bundestag darüber entscheiden soll, ob er dem Bundeskanzler und seiner Regierung weiter das Vertrauen zur Regierung der Bunderepublik Deutschland schenkt. Da die Regierung durch das Ampel-Aus und den Wegfall der FPD über keine ausreichende Mehrheit im Parlament verfügt, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Bundestag Olaf Scholz nicht das Vertrauen aussprechen wird.

Ein erfolgreiches Misstrauensvotum bedeutet, dass der Kanzler das Vertrauen des Bundestages verloren hat. In der Regel wird der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin dann zurücktreten und das Amt niederlegen. Das bedeutet jedoch trotz Ampel-Aus nicht, dass die Regierung sofort ihre Arbeit einstellt. Solange keine neue stabile Regierung gebildet wurde, bleibt die alte Regierung kommissarisch im Amt. Diese Übergangsphase kann mehrere Wochen oder sogar Monate andauern, bis eine neue Regierung gefunden ist.

Neue Regierung ohne Neuwahlen?

Das konstruktive Misstrauensvotum sieht vor, dass der Bundestag nicht nur das Vertrauen in den amtierenden Kanzler entzieht, sondern gleichzeitig einen neuen Kanzler wählt. Diese Wahl erfolgt in der Regel in einem zweiten Schritt, nachdem das Misstrauensvotum erfolgreich war. Die Parteien müssen dann einen neuen Kandidaten für das Amt des Kanzlers finden, der nach dem Aus der Ampel eine Mehrheit im Bundestag hinter sich vereinen kann. Wenn dies gelingt, wird der neue Kanzler vereidigt und übernimmt das Amt. Aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse gilt dies aktuell als unwahrscheinlich. Derzeit sprechen sich alle Fraktionen für Neuwahlen aus.

Letzter Ausweg: Neuwahlen

Sollte es nach einem Misstrauensvotum nicht möglich sein, eine neue Regierung zu bilden, kann der Bundespräsident gezwungen sein, Neuwahlen anzusetzen. Neuwahlen sind in der Regel die letzte Möglichkeit, wenn keine Lösung für die politische Krise gefunden werden kann. Der Bundespräsident wird hierzu auf Vorschlag des Kanzlers zunächst die Auflösung des Bundestages und dann die Anordnung von Neuwahlen in die Wege leiten. In diesem Fall würde der bisherige Bundestag seine Arbeit einstellen, und der Weg für eine neue Wahl und eine neue parlamentarische Zusammensetzung wäre frei.

Wann wird neu gewählt?

Das hängt davon ab, wann der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellt. Nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum schlägt der Kanzler dem Bundespräsidenten vor, den Bundestag aufzulösen. Ab diesem Zeitpunkt hat der Bundespräsident 21 Tage Zeit, die Auflösung des Bundestags durchzuführen. Nach der Auflösung des Bundestags müssen die Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen stattfinden.

Derzeit ist wahrscheinlich, dass eventuelle Neuwahlen Anfang 2025 stattfinden würden.

Wo ist das Procedere geregelt?

Das Grundgesetz (GG) regelt in Artikel 67, Artikel 68 und Artikel 39 den Ablauf eines Misstrauensvotums und die Folgen daraus:

  • Art. 67 Abs. 1 regelt das konstruktive Misstrauensvotum und fordert die Wahl eines neuen Bundeskanzlers gleichzeitig mit der Abwahl des alten.
  • Art. 68 Abs. 1 besagt, dass der Bundespräsident die Möglichkeit hat, innerhalb einer Frist von 21 Tagen den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, wenn keine neue Mehrheit zustande kommt.
  • Art. 39 Abs. 1 Satz 4 legt fest, dass Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen nach der Auflösung des Bundestags stattfinden müssen.

Die Möglichkeit des Misstrauensvotums und der damit verbundenen Folgen ist ein wichtiger Bestandteil der parlamentarischen Demokratie in Deutschland, um sicherzustellen, dass die Regierung jederzeit im Einklang mit der Mehrheit des Bundestages steht.